Formfreiheit kennzeichnet das Schiedsverfahren. Die Parteien einer Schiedsvereinbarung oder die Schiedsrichter können die Verfahrensordnung festlegen. Fristen können also festgesetzt und auch als Ausschlussfristen vereinbart werden. Trotz der Befugnis zur Selbstregelung des Verfahrens kann vom Grundsatz des Anspruches auf rechtlichen Gehör nicht abgewichen werden. Dieser Grundsatz der öffentlichen Ordnung (gem. Art. 24 und 111 it. Verfassung) stellt eine unabdingbare Garantie dar: jede Partei darf sich während des gesamten Schiedsverfahrens verteidigen. Insbesondere fordert der Grundsatz, dass jede Partei in die Lage versetzt werden soll, rechtzeitig und in angemessener Weise Kenntnis von dem Bestehen von Ausschlussfristen zu erlangen. Schliessen die Schiedsrichter eine Partei wegen Nichteinhaltung einer Frist von dem Recht aus, neuen Vortrag zu bringen und Beweisangebote zu stellen, und sind Ausschlussfristen in der Schiedsvereinbarung nicht ausdrücklich vorgesehen oder von den Schiedsrichtern als solche qualifiziert oder ist ein entsprechender Hinweis an die Parteien bei Festlegung der Ausschlussfrist ausgeblieben, so stellt dies eine Verletzung des obigen Grundsatzes dar.
RA Avv. Robert Rudek
Mit der Vereinbarung einer Schiedsgerichtsklausel erklären die Parteien eines Vertrages, auf die staatliche Gerichtsbarkeit zu verzichten und die Streitigkeiten, die sich aus dem Vertrag ergeben können, von Schiedsrichtern, die von den Parteien selbst bestellt werden, entscheiden zu lassen. Die fehlende Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, die sich aus der Vereinbarung einer solchen Klausel ergibt, muss von der beklagten Partei innerhalb der in der it. ZPO vorgesehenen Ausschlussfristen erhoben werden. Die Partei, die die Einrede der fehlenden Zuständigkeit nicht innerhalb der vorgenannten Fristen erhebt, verzichtet stillschweigend auf die genannte Klausel. Der stillschweigende Verzicht auf die Geltendmachung der Schiedsklausel in einer spezifischen Streitigkeit kann jedoch nicht zu einem weiter fassenden und endgültigen Verzicht auf die Klausel in Bezug auch auf andere, spätere Streitigkeiten führen; dies nicht zuletzt angesichts der üblichen inhaltlichen Regelung der Klausel, die sich auf alle möglichen Streitigkeiten zwischen den Parteien bezieht. Im Gegenteil, die Klausel „überlebt“; ein Verzicht auf dieselbe kann allein aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Mittel zur Aufhebung der Klausel erfolgen.
RA Avv. Robert Rudek
Es stellt sich oft die Frage, inwieweit ein Schiedsspruch vor den ordentlichen Gerichten angefochten werden kann, wenn er auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung seitens des Schiedsrichters hinsichtlich seiner Begründung beruht. Im Zuge der Reform des Schiedsrechtes im Jahre 2006 sind auch die Vorschriften zur Anfechtung von Schiedssprüchen geändert worden. Nach Art. 829 Abs. 3 der Zivilprozessordnung soll die Anfechtung von Schiedssprüchen wegen fehlerhafter Rechtsanwendung nur dann zulässig sein, wenn dies von den Parteien in der Schiedsvereinbarung ausdrücklich vorgesehen worden ist. Die neu angeführte Beschränkung der Zulässigkeit der Anfechtbarkeit findet auf Schiedsverfahren Anwendung, in denen die Schiedsklage nach Inkrafttreten der Reform (am 2. März 2006) eingereicht worden ist. Sollte eine Schiedsvereinbarung vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden sein, ohne die ausdrückliche Anfechtbarkeit des Schiedsspruches wegen fehlerhafter Rechtsanwendung zu enthalten, so empfiehlt es sich, vor Anstrengung des Schiedsverfahrens eine Änderung der Schiedsklausel dahingehend zu vereinbaren, dass eine Anfechtung wegen fehlerhafter Rechtsanwendung zugelassen wird.
RA Avv. Robert Rudek
Gemäss Art. 806 der italienischen Zivilprozessordnung können Schiedsrichter ausschliesslich über Streitigkeiten, die Rechte, über die die Parteien verfügen können, zum Gegenstand haben, entscheiden. Als nicht verfügbar gelten jene Interessen, die durch zwingende Vorschriften, die dem Schutze der Interessen der Allgemeinheit dienen, geschützt werden. In Bezug auf gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, können Streitigkeiten, die die Verletzung von Vorschriften, die zum Schutze nicht allein der Gesellschafter, sondern auch Dritter dienen, nicht von einer Schiedsvereinbarung erfasst werden. Als solche gelten die Vorschriften, die die Erstellung des Jahresabschlusses regeln, da diese die Grundsätze von Wahrheit, Klarheit, Richtigkeit und Vollständigkeit der finanziellen Lage einer Gesellschaft gewährleisten sollen, die nicht allein eine detaillierte Information an die Gesellschafter, sondern auch die Verlässlichkeit der Angaben für Dritte, die in einem Verhältnis zu der Gesellschaft stehen, sicherstellen müssen. Daraus folgt, dass die von Gesellschaftern angestrengten Klagen auf Anfechtung der Beschlüsse zur Feststellung des Jahresabschlusses einem Schiedsgericht nicht übertragen werden können, sondern in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallen.
RA Avv. Robert Rudek
Es ist nicht selten, dass Verträge eine Schiedsvereinbarung enthalten, die allgemein eine Entscheidung über Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts zuweisen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass eine solche Schiedsklausel lediglich Streitigkeiten über Ansprüche erfassen kann, die ihren Anspruchsgrund in dem Vertrage finden und nicht geeignet ist, Streitigkeiten zu regeln, die zwar ihren historischen Ursprung im Abschluss des Vertrages finden, jedoch auf ausservertragliche, deliktische Ansprüche gründen. Schiedsvereinbarungen sind grundsätzlich nur in Bezug auf vertragliche Ansprüche gültig und wirksam, es sei denn, dass sie sich ausdrücklich auch auf Streitigkeiten deliktischer Natur beziehen. So wird eine Streitigkeit, welche z.B. die ausservertragliche Haftung des Bauunternehmers nach Artikel 1669 C.C. für schwere Mängel, die zur Zerstörung des errichteten Bauwerks geführt haben, zum Gegenstand hat, von dem Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung dann nicht erfasst und die entsprechenden Ansprüche sind vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen, wenn die Schiedsvereinbarung nicht ausdrücklich auch Streitigkeiten über ausservertragliche Ansprüche mitumfasst.
RA Avv. Robert Rudek